Nomal drüber gschlafe …

von 2b am 16. Juni 2020

Kolumnen TAM 13.6.20
Warum wir schlafen

Geschätzter Herr Moore

Schön, dass Sie als Wissenschaftler, der sich vorwiegend mit Fragen weit ausserhalb des Lebens befasst, sich in dieser Kolumne explizit Fragen des Lebens widmen. Zu Ihrem neusten Beitrag:

Wie kommen Sie auf das Verhältnis ‘Schlaf ein Drittel, Aktivphase zwei Drittel’? Okay, ich habe noch ein klares Bild: Meine Mutter überreichte mir 1969(!), als 18-jährigem, in der Bahnhofshalle Zürich überraschend ein Buch, mit dem Titel: ‚Der Mensch verschläft ein Drittel seines Lebens‘. Das faszinierte mich, keine Ahnung weshalb; mein Burnout (mit 22!) stand ja noch bevor. – 16 Jahre später, 1985, wurde ich durch Ernest Rossi, einem der Leiter einer wissenschaftlichen Fortbildung, mit der Chronobiologie vertraut. Damals – vor mittlerweile 35 Jahren! – war längst bekannt, dass das mit dem ‚Drittel‘ keinesfalls reicht, um uns ein Leben in optimaler Verfassung zu ermöglichen, also noch ganz un-naturgemäss ist. Zusätzlich beschränkt sich die biologische Regeneration, um die es da geht, keineswegs auf den Schlaf (circadianer Rhythmus, den Sie erwähnen), sondern schliesst zwingend regelmässige Ruheperioden tagsüber mit ein. Daher sprechen wir da von ultradianen Ruhephasen (‘ultradien rests’); ultradian gleich mehrmals täglich. –
In Ihrem Beitrag schreiben Sie also immer noch vom Verhältnis, wie es vor 50 Jahren publiziert wurde, als die Chronobiologie erkenntnismässig noch am Anfang stand. Und Sie beklagen bereits dabei die ‘fürchterliche Zeitverschwendung’ (im Buchtitel oben angetönt). Recht haben Sie! Das ist absolut (stress-)verständlich und durchaus ‘zeitgemäss’, heute noch mehr als damals. Doch trotzdem, biologisch gesehen, Unsinn. Pardon! Als ob das Leben aus dem Erledigen von Pendenzen bestünde. Aber, eben, noch heute getraut sich kaum jemand, die nackten Tatsachen auf den Tisch zu legen. Na ja, immerhin wurde mein erstes Buch zum Thema, in dem ich genau dies wagte, zum Bestseller (2009); jedoch kaum mit ernsthaften Konsequenzen. Erst in einem Buch, das erst neulich erschienen ist (2018), fasse ich mir ein Herz und trage der tatsächlich unerhörten Herausforderung Rechnung, die ein naturgemässes Energiemanagement für uns moderne Menschen bedeutet. Ich erkläre dort genau, wie es gelingen kann, diesen zugegeben immensen Paradigmenwechsel zu schaffen und die biologischen Vorgaben und das Wissen um deren Anwendung auch tatsächlich ganz praktisch im Alltag umzusetzen. Selbstverständlich geschieht dies alles ausschliesslich zu unserem persönlichen, sozialen sowie wirtschaftlichen(!) Vorteil. Dies an die Hand zu nehmen ist nun gleichsam existenzielle Pflicht. Immerhin handelt es sich hier um über unsere längerfristige Existenz als Gattung entscheidende wissenschaftliche Erkenntnisse.

Mit freundlichen Grüßen und in Vorfreude auf Ihren nächsten Beitrag!
Bernhard Brändli, alias 2b

Historische Referenz zur Entwicklung von 1985 bis heute:
Nach jener intensiven 3-jährigen Weiterbildungserfahrung in den 80-ern, die mich, ebenso wie meine damaligen Klientinnen und Klienten, nachhaltig prägte und engagierte, wurde ich durch die Zeit fast zwingend zum internationalen Experten für die damals noch weitgehend hängige konkrete Integration der wissenschaftlichen Ergebnisse in den Alltag, die ich dann in mehreren Büchern beschrieb. Parallel zu meinen weiteren Berufen gründeten wir in der Folge 1996 das Unternehmen ‚Ruhe & Aktivität‘ – meinerseits diesmal ohne Burnout. Wir eröffneten unter anderem in Zürich den weltweit ersten öffentlichen Ruheraum, der korrekte Ruhephasen tagsüber anbot, und richteten bei zahlreichen Firmenkunden – darunter ganz prominente (SBB, Migros, Globus, …) – Ruheräume ein, s.g. ‚Powerräume‘. –  Mittlerweile konzentrieren wir uns vor allem darauf, in Menschen die innere Fähigkeit für diesen unerhörten, jedoch entscheidenden Paradigmenwechsel zu entwickeln und sie dann organisatorisch bei der Einrichtung zu unterstützen. Erst dann rechnet sich der gesellschaftliche Nutzen in Fakten und Zahlen.

PS: So hänis gschickt.

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