Ruhe(n) ist harte Arbeit

von 2b am 18. Februar 2009

Interview zum Thema Ruhezonen

Herr Brändli, Sie brauchen jeden Tag Ruhe. Was fasziniert Sie daran?

Lärm gehört zum Leben, man denke nur an ein Gewitter. Doch wenn der Mensch keine Ruhe mehr findet, fehlt ihm etwas. Jeder braucht ein bestimmtes Mass an Ruhe, sonst wird er krank.

Und doch war Ihr öffentlicher Ruheraum (Restpoint) nicht überfüllt. Offenbar will unsere Gesellschaft Lärm statt Ruhe?

Das braucht Zeit. Der Organismus kann sich an Lärm nämlich nicht gewöhnen. Er schraubt einfach die Sensibilität für Geräusche herunter, und zwar so, dass er generell weniger empfänglich wird für Sinneseindrücke. Haben wir zu wenig Ruhe, verlieren wir ein Stück Lebensqualität. Das will niemand wirklich.

Was kann man tun, um mehr zur Ruhe zu kommen?

Man muss sich im Alltag regelmässig Auszeiten – Ruhepunkte – schaffen. Ich habe das selbst hart erlernen müssen. Unser Arbeitsprozess erlaubt es kaum, echte Pausen einzulegen. Wer sich im Betrieb etwa in den Ruheraum zurückzieht, fürchtet, als arbeitsscheu zu gelten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Richtige Ruhepausen sind hochproduktiv. Dazu kommt: Erholte Menschen arbeiten weit besser als gestresste.

Abgesehen vom Ruheraum gibt es doch kaum einen Ort, wo wirklich Stille herrscht.

Stimmt. Stille ist das eine, zur Ruhe kommen etwas anderes. In einer Stadt etwa kann man sogar in einem lärmigen Park zu Ruhe kommen. Für bedrohlich halte ich trotzdem den Boom der MP3-Player: Ständig laufen wir mit Musik herum und verlieren jedes Gefühl für die Stille.

Fürs Autotuning wird in der Schweiz pro Jahr rund 500 Millionen Franken ausgegeben, für Restpoints aber fehlt das Geld. Warum?

Ich gönne den Machern das Geld. Ruhe hat einfach noch keinen Wert. Das wird in wenigen Jahren anders sein. Im Moment dominiert der Klimawandel die öffentliche Debatte, doch das nächste grosse Thema wird unsere kollektive Erschöpfung und somit die Ruhe sein. Dann sprechen wir von Milliarden.

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