Kollektive Erschöpfung – was Sache ist

von 2b am 18. Dezember 2007

Vor über zwanzig Jahren begann ich Gespräche zu führen. Seit 1995 befrage ich zusammen mit einer Gruppe engagierter Menschen regelmässig UnternehmensleiterInnen, LeiterInnen von Schulen und Verwaltungen und ebenso deren Angestellte; Menschen, die in Supermärkten arbeiten, in Möbelketten, in Läden an der Bahnhofstrasse in Zürich, in Grossraumbüros, in kleinen Handwerksbetrieben; Schüler und Schülerinnen; Hausfrauen; Studierende an Hochschulen usw.
Wir befragen diese Menschen über ihre Gewohnheiten und Bedürfnisse. Wir fragen sie nach ihrem Pausenverhalten, nach der Art, wie sie sich erholen. Wir fragen sie zu ihrem Bedürfnis nach einem Ruheplan im Arbeitsalltag. Aber auch in der Freizeit, in den Ferien.

Ausgangspunkt für die Befragungen war ein Seminar zur Ausbildung von UnternehmerInnen. Ich suchte nach einem praktischen Übungsbeispiel und wählte eher zufällig und spontan das Thema „Ruhe und Aktivität“. Dieses Thema liess eine ganze Reihe der TeilnehmerInnen nicht mehr los. Sie bildeten in der Folge ein Team, das es sich zur Aufgabe machte, das Thema des Ausgleichs zwischen Aktivitäts- und Ruhephasen (A-/R-Phasen) unter die Leute zu bringen und bekannt zu machen.
Sie führten die genannten Gespräche, machten Aktionen in der Öffentlichkeit und nahmen an grossen Publikumsveranstaltungen teil, um Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass das Verhältnis zwischen Aktivitätszyklen und Ruhezyklen in ein haarsträubendes Ungleichgewicht geraten ist und dass uns eine kollektive Erschöpfung und schliesslich gar der Kollaps drohen.

Die gute Nachricht ist die, dass das anfängliche fast durchgängige Unverständnis dieser Fragstellung gegenüber mittlerweile einer erhöhten Aufmerksamkeit Platz gemacht hat. Das Thema „persönliche Energiebalance“ ist vielleicht noch nicht reif, um in dessen globaler Bedeutung von allen erkannt zu werden. Die meisten Menschen denken noch nicht ernsthaft daran, Konsequenzen zu ziehen. Aber immerhin befinden sich die entsprechenden Rufer heute nicht mehr in der Wüste, sondern bereits in der Steppe oder gar der Savanne, wo doch bereits etwas Gras wächst.

Dafür ist es allerdings auch höchste Zeit. Was Mitte der 90-er Jahre des 20. Jahrhunderts noch als Bedrohung galt: unsere kollektive Erschöpfung, ist mittlerweile Tatsache geworden. Die schleichende Erschöpfung ist in den Galopp gefallen.

Doch hier kann es nicht mein Anliegen sein, Sie aufzufordern, die Augen aufzumachen, hinzuschauen, zwei und zwei zusammenzuzählen und sich dann folgerichtig endlich zurückzulehnen. Das kann so nicht gelingen. Dafür braucht es mehr. Mein Anliegen kann hier bloss sein, Ihre Gesundheit in die Zukunft hinüber zu retten – und wenigstens ein bisschen Lebensqualität.

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