Familienstellen – nun ist wieder Qualität gefragt

von 2b am 31. März 2007

Die vielen Auftritte im Internet können nicht darüber hinwegtäuschen: Die Zeit der grossen Welle im Familenstellen ist vorbei. Und zwar schon eine ganze Weile.
Die grosse Karriere des Entwicklers Bert Hellinger endete, zumindest in Europa, mit einem – vermutlich herbeigeredeten – Skandal und beschleunigte den raschen Niedergang der populären Kurztherapie. Die gross aufgemachte Homepage von Hellinger selbst zeugt, wie die meisten anderen quasi ‚Offiziellen‘, nur vom Versuch, durch Institutionalisierung die schwindenden Pfründe zu retten. Auch dass Hellinger nun sein ältestes Prinzip verlässt, selbst eine Ausbildung anbietet und so gleichsam seine Schüler um sich versammeln will, ist ein deutliches Zeichen der Not (und der Streitereien, auf die sich doch der Meister stets partout nicht einlassen wollte!).
Hellinger hat sich – wie leider viele  grosse Schöpfer im Humanbereich – im Alter zurückgewandt, wurde unter anderem auch wieder religiös, was der Popularität eines Verfahrens, das vom Trend und damit von fliegender Vorwärtsbewegung lebte, ebenfalls nicht gut bekam.
Im Fall von Bert Hellinger, den ich ja seit über 30 Jahren gut kenne und schätze, ist das dann doch einigermassen erstaunlich. Zeichnete doch gerade er sich Zeit seiner langen Karriere dadurch aus, dass er sich ständig bewegte, wach blieb für und sich inspirieren liess vom Schaffen anderer.

Der Zerfall ist also unaufhaltsam.
Was bleibt, ist das Wirken eines grossen Menschen.
Was ebenfalls bleibt, ist ein Verfahren, das ich schon vor langer Zeit und seither oft als ‚Ultima Ratio der Psychotherapie‘ bezeichnet habe und das seither auch nicht getoppt wurde – auch gar nicht getoppt werden kann, da es zugleich das Ende der Entwicklung im Raum Psychotherapie markiert. Schneller kann man nicht in die Tiefe vordringen und dort Lösungen ermöglichen.
Das Verfahren des Systemstellens, wie es meine Frau seit geraumer Zeit nennt, das durch die Erweiterung auf Systeme allgemein weit über die Psychotherapie hinaus Verwendung finden kann und auch seit langem findet, steht der Menschheit fortan als unschätzbarer Dienst zur Verfügung.

Das allerdings bedingt eine entsprechend vorbereitete Person. Sie muss in der Lage sein, ohne, dass sie sich an die im Systemstellen in Wahrheit weit gehend abwesende Technik klammern könnte, das machtvolle Geschehen im gleichsam freien Raum zu einer guten Lösunge zu führen. Das bedingt, wie gesagt keine technischen Fertigkeiten – ist also auch nicht durch einfaches Lernen zu erwerben – sondern bloss, aber gerade menschliche High-Level-Qualitäten, die nur durch jahrelange intensive und absolut tiefgreifende Selbstarbeit erworben werden können. – Als ich selbst noch die Ausbildung zum Familienstellen anbot, war es selbstverständlich und zwingend, dass die betreffenden KandidatInnen sich gleichzeitig in einer gründlichen und intensiven Therapie befanden.
So ist es nur logisch, dass der schon eher freie Fall in die Tiefe, der im Nichts oder – noch schlimmer: im nächsten Mythos endet, in der – ja, man muss schon fast sagen: Massenbewegung zur Regel geworden war und dem Image zusätzlich schadete. Nebst den mindestens ebenso massenhaften Neidern, die auf ihren zT hoffnungslos veralteten Methoden hockten!
Kurz, das Gute am Niedergang ist: Nun ist wieder Qualität gefragt.
Die Tatsache, dass die Zahl derer, die sich zu den Workshops im Systemstellen bei meiner Frau anmelden (die Hellinger fast eben solange kennt, wie ich), entgegen dem Trend deutlich zunimmt, stimmt diesbezüglich optimistisch.
Denn die Qualität des Systemstellens bleibt. Dessen fantastisch anmutende Wirkung ebenfalls. Was wir geändert haben, ist lediglich, dass wir es in einen neuen Kontext gestellt haben – einen Kontext, in dem das Systemstellen Ambitionen auf eine umfassende und grossartige Entwicklung (wie das Projekt zweite Lebensschule sie anstrebt) unterstützt.

So bleibt mein Wunsch, dass Familienstellen – oder eben Systemstellen – durch topp Qualitätsarbeit sein gutes Image zurückerhält und sich auch langfristig als äusserst probates Mittel – oder eben: als ultima Ratio für diesen Bereich – durchsetzt.

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