Die wahren Schweizermacher

von 2b am 8. Oktober 2011

In einem Zeitungsbericht über eine kolossale junge Intelligenzbestie, beheimatet in Mexiko (ha, da gibts ja nicht nur spektakulären Drogenkrieg!) wurde auf die gesetzlich geregelte Talentförderung in den Schweizer Schulen hingewiesen (TA 81011). Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen,

wie perfekt unser Schulsystem darauf ausgerichtet ist, herausragende Intelligenz so massvoll zu fördern, dass möglichst keine Auffälligkeit daraus resultiert.

Das Überspringen von Klassen ist ähnlich aufwändig, wie, in typischen südlichen Ländern (Italien, Griechenland, Ägypten) bei Behörden ein Anliegen anzubringen: zermürbend!

Und das ist noch nicht alles.
Die entsprechenden jungen Potenziale werden gern mit prinzipiellem Argwohn betrachtet. Nein, nicht nur von den MitschülerInnen, wie das wohl fast überall auf der Welt der Fall ist; schliesslich sind diese IntelligenzlerInnen in der Regel keine Kommunikationskünstler – alles hat seinen Preis. Nein, von arrivierten Lehrkräften und BehördenvertreterInnen, die sich perfekt auf die schweizerischen Werte verstehen und diese mit der nötigen Starre und mit kleinmütigen Vorbehalten hochhalten, so wie das Rechtens ist!

So am leibeigenen Leib erlebt.
Als die junge Lehrerin unseres jüngeren Sohnes, Manuel, ganz unschweizerisch wenig autoritätshörig befand, der Bub gehöre in die übernächste Klasse, statt in die nächste, wurde das in ihrem Kollegium als ungehörig aufgenommen. Trotzdem setzte sie – mit unserem Einverständnis – den Behördenlauf in Gang. Und das unerhörte geschah. Nach diversen Tests empfahl man, den Buben die Klasse überspringen zu lassen. Er war der erste, dem das im Kanton Thurgau offiziell erlaubt wurde, nachdem das entsprechende Gesetz erst wenige Jahre zuvor verabschiedet worden war. Wohlgemerkt, wir befanden uns an der Schwelle zum 21. Jahrhundert!

Aber, eben. Manuel musste in der Folge zu einem neuen Lehrer zur Schule. Und der war Teil des Kollegiums, die solch unschweizerisch auffälliges Gebahren nicht goutierte. Vorbei wars mit der Förderung. Im Gegenteil!

Ob Manuels vor einem Jahr inszenierter kompletter Ausstieg aus dem ganzen Bildungsgerangel, ja, eine – glücklicherweise vorübergehende – Aversion gegen Intellektuelles, eine Antwort auf dieses wahre Schweizer Machen ist, sei dahingestellt.
Es bleibt unser Vertrauen, dass er … genügend Intelligenz besitzt (zumal er ausnahmsweise ein begnadeter Kommunikator ist), dass er seinen Weg unabhängig von echt schweizerischen Konventionen und Vorbehalten macht.

PS: Auf andere Weise mit demselben Thema befasst sich der Artikel «Fussball (Hitzfeld): Wachablösung bei den Trainern gefordert»

1 Kommentar »

  1. […] Enge betrifft – ich mich selber keinesfalls ausnehme (siehe auch den danach erscheinenden Beitrag «Die wahren Schweizermacher»). Comments […]

    2bd Blog | Bernhard Brändli-Dietwyler » Fussball (Hitzfeld): Wachablösung bei den Trainern gefordert am 8. Oktober 2011 um 14:02 Uhr

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