Eidgenössische Wahlen – Nachlese3: Die ehrlichen Rechts-Wähler und Angst in der Politik

von 2b am 25. Oktober 2007

Meine Charakterisierung der gemässigten Rechts-Wähler im Artikel ‚Die eidgenössischen Wahlen unter den Aspekten Lebenskompetenz und UV21‘ bedarf einer kleinen, aber nicht unwichtigen Ergänzung.

Ich hatte dort unter anderem geschrieben: „Wer selbstverständlich lügt, betrügt und manipuliert…, der oder die wählt richtigerweise rechts.“

Es gibt jedoch auch gemässigte Rechts-Wähler – zB in der Schweiz der SVP -, die sich durchaus an Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit orientieren.
Was charakterisiert nun jene Wähler und Wählerinnen?
Es hat nur mittelbar mit dem in jenem Artikel thematisierten UV21 zu tun. Deshalb entschloss ich mich, dies später anzufügen.

Hier ist die Charakterisierung:

Rechtschaffene Rechts-Wähler zeichnen sich durch ein ganz kleines und sehr enges Weltbild aus. Dieses Weltbild wird laufend genährt mit dem – latenten oder offenen – Vorwurf.

Der Vorwurf kann sich gegen alle und alles richten. Hauptsache, er wird platziert. Bevorzugtes Ziel für Vorwürfe sind übergeordnete Mächte, gegenüber denen die eigene Ohnmacht offensichtlich ist (denn das ‚rechtfertigt‘ den Vorbehalt erst richtig), zB der Staat. Politiker, die es ‚dem Staat zeigen wollen‘ werden dann zu wahren Heilsfiguren.
Der Vorbehalt ist es denn auch, der diese Rechts-Wähler mit den andern, bereits erwähnten, verbindet.
Übrigens: Der Unterschied zum ebenfalls sehr engen und ganz kleinen Weltbild vieler Mitte-Wähler, besteht allein in deren Verzicht auf den Vorwurf.

Nun hätte ich das Wichtigste fast vergessen:

Der Grund für ein enges und kleines Weltbild ist Angst.

Auf der rechten Seite des politischen Spektrums regiert die Angst.

Und zwar eine bestimmte Form von Angst: das Erstarren vor Angst. Diese Menschen sind in ihrem Inneren starr vor Angst.

Fühlen Sie sich hinein!
Sie signalisieren mit Ihrem erstarrten, präsenten Körper ‚Standhalten‘. Da Sie – gemäss Ihrer Einschätzung – nicht flüchten können, überlassen Sie gleichzeitig die starre Hülle dem ‚Feind‘ und ziehen sich möglichst weit nach innen zurück. Sie schrumpfen gleichsam möglichst stark. Ihre Wahrnehmung schrumpft, Ihre ganze mentale Welt. Sie sehen nur noch den ‚bösen Feind‘.
Je weiter wir politsch nach rechts rutschen, desto grösser die Angst, desto mehr schrumpft die Welt. Bis sie zur kleinen Paranoia-Kugel wird. Wird diese Paranoiakugel nicht in Ruhe gelassen, sondern provoziert, geht es dort drin stets um alles oder nichts. Es wird gewalttätig – und, je nach Verfassung des Provokateurs, verdammt gefährlich.
Und so sehen die Rechtspolitiker in der Regel auch aus! Haben Sie schon beobachtet, wie sich mit zunehmendem Alter in jenen Schichten eine körperliche Starre häuft? Sonst beobachten Sie einmal einen Aufmarsch der Rechten oder gehen Sie an eines ihrer Feste!

Und so politisieren sie! Wenn sie einer ihrer Lügen, Betrügereien oder Manipulationen überführt werden, weichen sie nicht aus wie die Mittepolitiker; sie flüchten auch nicht wie die Linkspolitiker: Sie halten stand – ’sie sitzen es aus‘, wie wir – immer wieder fast ehrfürchtig erstaunt – zu sagen pflegen. (Siehe dazu auch weiter unten!).
Der letzte Vergleich drückt es aus: Angst ist kein exklusives Phänomen der Rechten. Es ist vor allem diese Form der Angst: das Erstarren (ein fast exklusiv kleinkindliches Phänomen übrigens, das einiges über die emotionale und mentale Reife in diesen Schichten aussagt!), das sich dort extrem häuft.

Wieso dominiert die Angst?

Wenn es heute etwas gibt, das – ausser der Basisbiologie – uns Menschen verbindet, dann ist es die globale Verbreitung des Unwertvirus UV21.

Unwertempfinden führt automatisch zur Angst, ausgestossen zu werden. Also heisst es: Um jeden Preis versuchen dazuzugehören – oder ausscheiden! Dies ist eine existenzielle Angst. Sie ist zwar – wie das UV21 selbst – ganz und gar irreal! Aber sie ist allgegenwärtig. Versteckt oder offen: In China genauso wie in Russland, in Afrika, in Europa und in Nord- und Südamerika, Australien nicht vergessen.

Nochmals zum Vergleich der politischen Lager:

  • Bezogen auf das hier in Frage stehende politische Spektrum, finden wir in der politischen Mitte die Angst in Form des Versuchs auszuweichen bzw sich zu verstecken. Man fühlt sich nicht so schwach (wie ein Säugling), dass einem nur bleibt, sich tot zu stellen. Aber auch nicht stark genug zu flüchten oder gar zu kämpfen. Das entspricht der Reife eines Kleinkindes. Man steht tendenziell mit dem Rücken zur Wand und versucht daher, die Konfrontation um jeden Preis zu vermeiden – ausser zur Not mit ein paar Pseudodrohgebärden, die Stärke vortäuschen sollen. Ja nicht als leichte Beute enttarnt zu werden, ist das dominante, aber meist wirkungslose Streben. Dafür gibt es ganz witzige Symbole. Zählen Sie bei nächster Gelegenheit (oder erinnern Sie sich an) die Anzahl Schnauzbartträger unter den männlichen Vertretern der politischen Mitte (natürlich sauber gestutzt, um ja nicht zu provozieren)! Ein zartes Symbol für Männlichkeit, das den fehlenden Biss verdecken soll. Und erinnern Sie sich an die stets etwas lächerlich wirkenden ‚Kraft‘-Demonstrationen der politischen Mitte (Emil Steinberger hatte mit seinem meisterhaften Wahl-Sketch ‚der Verlierer‘ zweifellos einen Mittepolitiker im Visier).
  • Auf der Linken Seite dominiert die Flucht als Form der Angst. Diese Leute sind immerhin flügge, aber sie fühlen sich niemals stark genug, um allein zum Kampf anzutreten. Die Linke flüchtet zudem vor dem eigenen Unwertempfinden in eine schöne Ideologie, wo die Menschen solidarisch sind und sich gegenseitig gern haben – und versteckt die eigene Schwäche dahinter. Die Verbrüderung ist ihr Versuch, den für sie aussichtslosen Kampf zu vermeiden. Sie appelliert an den Feind, sich auf das Gute in ihm zu besinnen und hofft, dadurch dem Kampf zu entgehen. Gelingt das nicht (es gelingt fast nie!), flüchten sie in die Macht der Masse und treten so zum Kampf an.
    Rutschen wir weiter nach links, wird die Flucht in die solidarische Welt mehr und mehr zur Farce – die Ideologie wird so hohl, dass sie gleichsam verdunstet. Statt der Paranoia wie rechts, ist es hier die Flucht in den (offensichtlich aussichtslosen) Kampf gegen den egoistischen Feind der solidarischen Welt. In der Masse oder aus dem Untergrund. Aber niemals eins zu eins.

Nun haben wir übrigens alle Formen der Angst durchgecheckt: erstarren (totstellen), bis zum Rückzug in sich selbst (Paranoia) / geschickt ausweichen und/oder Mimikri / fliehen, bis zur Flucht in den verzweifelten Angriff. Dabei haben wir, zufällig oder nicht, das ganze politische Spektrum schön verteilt angetroffen.

Was die im Zusammenhang mit dem UV21 regelmässig thematisierte Lebenskompetenz angeht, befinden wir uns im rechten Lager in jedem Fall auf niedrigstem Terrain. Grundsätzlich nährt sich der Vorwurf selbst am besten durch akute Lebensfeindlichkeit. Daher wird Lebensfeindlichkeit zum Prinzip erhoben. Egal, welches Thema gerade zur Wahl steht: Zustimmung finden die lebensfeindlichen Aspekte.

Dieses ganze Ensemble, geboren aus starrer Angst: ja nicht bewegen(!), bzw totstellen: alles, was lebt und sich bewegt, ist bedrohlich, komme es von innen oder aussen(!), nennt man dann schön beschönigend: konservativ. Zur Konserve wird hier nur das Leben.

Weitere Artikel aus meiner Hand zu den Eidgenössischen Wahlen 2007 und darüber hinaus:

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