Fussball WM – Helden

von 2b am 10. Juli 2006

Wir stehen unmittelbar vor dem Final. wieder werden Helden bejubelt werden und andere weinen. Wie es sich gehört.

Zidane ist der einzige der alten Helden dieser WM mit dem richtigen Timing. Er ist der einzige von ihnen, der es mirakulös geschafft hat, nochmals seine ganze Kunst zu zeigen. Da helfen auch die schliesslich zelebrierten Abschiede von Carlos und Figo nicht – zu spät. Zidane ist der Bewunderte, um den sich die Jungen scharen. Er wurde ihr General oder Lehrer – eher General. Und tritt als solcher ab.

Die Zeit für echtes Heldetum ist kurz. Und soll es auch sein. Entweder sie kehren zurück als Sieger und werden von einer Schönen gekürt. Oder sie bleiben als Verlierer auf dem Schlachtfeld zurück. Das sind die zwei Optionen. Alte Helden muten irgendwie lächerlich an. Sie haben den Zeitpunkt verpasst, von der Besten gewählt zu werden. Auserwählt, weil sie mit ihrem Heldentum bewiesen haben, wie potent sie sind – für die Frauen wie für den Staat (was sollen wir da von Peles öffentlichem Einstehen für Menschen mit Erektionsschwierigkeiten, wie er selbst, halten? Was ist mit dem Superhelden passiert? Sind Fussballer vielleicht doch nicht echte Helden?). Alte Helden bleiben in der Regel einsam. Ihnen bleibt schliesslich nur noch vergangener Ruhm. Etwas davon haben manche, ehemals grosse Helden an dieser Fussball WM bereits angedeutet. Ronaldo etwa, über den sich nun die Medien lustig machen, ihn verhöhnen. Und wer will Carlos nun noch, nachdem er als Held alt und verbraucht ist (ich mochte ihn besonders gern. Weshalb musste er nun unbedingt noch als Verlierer antreten, der kaum einen Pass anbringt!)? Natürlich haben wir sanfte, aber gerade dadurch eben auch unstimmige Zeiten: Der Fallschirm für die meisten wurde schon lange hergestellt – ganz aus Goldfäden. Die modernen Helden spüren vielleicht nur noch in ihrem engeren Umfeld und in ihrem Inneren, dass es zu spät war. Denn Helden müssen doch frisch sein, wenn sie abtreten. Voll im Saft. Jederzeit bereit zu neuen Taten. Dann nur sind sie für die besten Frauen attraktiv.Und nur dann währt ihr Ruhm ewig – ohne Marketing. Pele. Dass ein Maradona noch immer herhält, zeigt leider, dass nicht nur er abgetackelt, krank und einsam ist – wie es sich für Helden, die den Zeitpunkt verpasst hatten, gehört: Nein, auch die Gesellschaft, die ihn vollkommen blind bewundert, muss krank sein. Wie unwert müssen sich diese Menschen fühlen, wie arm an Perspektive, wenn sie nichts anderes haben, um auf ihre Schilder zu heben, als diesen Maradona.

Kurz: Heldentum ist eine Sache der Jugend. Für die Stärksten, die Besten.
Es geht dabei nur um 2 Dinge:

  1. sich als potenten Erzeuger von Nachkommen zu verkaufen
  2. der Sicherheit der Gemeinschaft zu dienen. Inklusive all die Metaphern natürlich, die wir Menschen dafür erfunden haben.

Wer als Sieger überlebt, wird überschüttet mit Ruhm, Ehre und so viel Geld, dass es für das ganze Leben mit einer anspruchsvollen Schönen reicht. Denn wozu taugt ein Kämpfer später noch, denn zum Erzeuger von Nachkommen? Allenfalls als Lehrer oder als General – wie Beckenbauer; er eindeutig Letzteres.

So hat das alles seinen Sinn. Und ist auch heute noch recht deutlich sichtbar. Im positiven Fall bei den Siegern mit dem richtigen Timing. Im negativen Fall bei den Verlierern sowie bei den Siegern, die zu lange Helden spielen wollten – vielleicht auch einfach zu lange aus dem goldenen Pokal, sprich Geldsegen, trinken wollten. Für den rechtzeitigen Abgang braucht es eine starke Persönlichkeit, um zum Beispiel gegenüber den Beschwatzern standzuhalten, die immer weiter mit seinem Namen Geld machen wollen, bis er schliesslich, vollkommen ausgepresst wie eine Zitrone, abrupt fallengelassen und weggeworfen wird. So sind grosse Sieger eben bloss jene, die neben tollen Muskeln und saftigen Hoden auch noch Persönlichkeit besitzen. Womit wir wieder bei Zidane sind.
Frankreich hat keine grosse Mannschaft – ich hab’s gesagt. Italien ist überlegen, klar. Italien soll gewinnen, Italien muss gewinnen, Italien wird gewinnen. Moderne Heldenepen: Diejenigen, die der ganzen Welt so offen demonstrierten, dass fast alles kleiner oder grosser Beschiss ist im Spitzensport (wie die wiederholt gebeutelten Radfahrer), zeigen uns die lange Nase und gewinnen trotzdem. Aber, wenn Frankreich gewinnen sollte, so ist da einer, dem es wohl alle gönnen: Zidane. Der Held, der trotz leichter Überalterung einen glorreichen Abschied findet.

Ich gestehe es gerne ein: Manchmal ist die Wirklichkeit vielleicht etwas komplexer, als ich sie hier skizziere.
Aber ich garantiere: Der Grundzusammenhang stimmt aufs Loch.

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