Eine Revolution mittendurch?

von 2b am 30. Mai 2006

Oder: Bitte endlich wieder Entwicklung statt bloss Fortschritt!

Eine September Spätlese im Garten von Bedrohung, Tat und Angst.

Wann werden wir kollektiv den Mut haben, uns vom jede Entwicklung lähmenden Klischee links-rechts wegzudenken? Ohne in politische Apathie zu verfallen. Noch in einen elitären Himmel zu steigen – über allem schwebend?
Warum fragen so viele nach der weiterhin fehlenden Antwort der Linken auf die Spannungen zwischen islamisch und christlich geprägter Welt? Es braucht die Spannungen nämlich gar nicht. Gerade diese – auch nicht mehr so neue – politische Herausforderung kann als Einladung verstanden werden, statt in erneuten Dualismus zu verfallen – wir gegen die! Neugierig zu werden auf neue Antworten. Antworten, die vielleicht schon immer richtig gewesen wären. Die aber erst nach dem Wegfallen der zwangsweisen 100-jährigen Links-rechts-Teilung der menschlichen Gattung eine echte Chance haben, sich herauszuschälen und aufzuscheinen. Kann das fassungslose Verstummen vor der schieren Brutalität, die unserem geordneten, endlich mühevoll zivilisierten Westen da unvermittelt widerfuhr – und weiterhin widerfährt – die Chance sein für neue Einsichten? Vielleicht tauchen sie da und dort auf, bevor die alten Denkmuster sie wieder gefesselt haben und all die Willfährigen die beruhigenden Antworten aus ihren Hirnen ausspucken: «Wir verstehen, was da passiert. Ihr braucht bloss dieses oder jenes alteingeübte Verfahren anzuwenden, dann kommt ihr dem – auch ideell – bei.» – Da wünsch ich mir gern eine verlängerte Sendepause – null Antwort. Und das lieber ohne, dass weitere Hämmer uns k.o. zu schlagen drohen.

Wie ist es mir damals ergangen? Ich bin nach dem 11.9.01 für drei Tage verstummt. Drei Tage, in denen mir kaum etwas anderes gelang, als mich dem Unfassbaren auszusetzen. Mir haben die hundertfach wiederholten Bilder nicht geschadet. Ich habe durch sie nicht am Grauen geleckt. Mich haben sie einfach dranbehalten. Kein Ausweichen möglich. Keine Distanz dank immergleichen Erklärungen, dank beruhigendem Rechthaben. Immer wieder die Wucht, die in mich eindrang und alles Schon-Wissende zurückdrängte. Dann kam aus der Grauen-vollen Stille eine einfache Antwort. Sie war dermassen einfach, dass sie mir wie von einer andern Welt erschien. So eine Erfahrung pflegt zwar attraktiv zu sein. Klärend und wie ein Geschenk. Doch taugt sie auch für diese Welt? Nun, letztlich weiss ich das nicht. Bevor es getan wurde. – Aber die Antwort blieb, fast wie ein eratischer Block in all dem fliessenden Geschiebe der letzten vier Jahre, stehen. Unbeschadet durch Verkomplizierungen – auch Differenzierungen genannt. Oder Verwaschungen – auch Kompromisse genannt. Und sie tauchte nach dem Erschrecken am 11. März 04 alsbald wieder auf. Frei und klar. – Was auch gut ist: Mir scheint, ich bin da bei weitem nicht der Einzige, der in diese Richtung empfindet. Und je mehr das sind, desto mehr Macht erhält die Antwort. Solche Bausteine können der Anfang sein für neue Lösungswege, die unserer Gattung offeriert werden. Wie wär“s also mal mit einer zupackenden Lösung, die ohne Dualismus, ohne Gut-und-Böse, ohne Feinde auskommt? Ich nenne das mal vage: Die Revolution mittendurch.

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