Euro 08 – Im Oranjebad

von 2b am 22. Juni 2008

Meine Frau wollte es erleben und ich sage danach: Man muss es erleben.

Die ausgelassene Oranje-Stimmung in Basel gestern erinnerte mich – ich gebe es zu – an ferne Zeiten, als noch Blumenkinder die Strassen bevölkerten: heiter, unbeschwert, fröhlich.

Natürlich: Die andere Seite davon ist – und das gilt nur für die moderne Zeit: saufen und gröhlen. In dieser Reihenfolge; sonst geht wenig. Also ohne Botschaft? Kein Anzeichen einer quellenden Lebendigkeit? Leider nein. Der riesige Slogan „The Revolution has begun“, mitten in der Fanzone, ist bloss eine Werbeaffiche.

Und doch: Der holländische Nationalismus hat eine unbeschwerte und ungefährliche Heiterkeit, die ihn wohltuend vom fanatisch-aggressiven italienischen oder dem arrogant-überheblichen deutschen (nicht zu reden vom kroatischen oder türkischen) abhebt – und es leicht macht, sich mit ihm zu verbinden.

Totzdem: Auch beim Oranje-Fussballfest, auch beim holländischen Nationalismus geht es ums selbe wie bei den andern Ländern: Sich unwert fühlende Menschen messen ihren eigenen Selbstwert an Vertretern des Landes. Gewinnen diese, fühlen sie sich toll und wertvoll – und vor allem: BESSER. Verlieren diese, gehts bergab; Depression und Gewalt sind nur die nächste Theke bzw Begegnung mit dem Feind, der einen gedemütigt hat, entfernt.
Sorry, aber es ist halt so. Das ist doch wie eine Schule der Wahrnehmung: Wir betrachten hier alltägliche und ab und zu nichtalltägliche Phänomene und erkennen darin, was eigentlich abgeht. Was auch noch geschieht, neben den gewohnten Beschreibungen.

A propos: Weshalb verbinden wir Schweizer uns so selbstverständlich mit den holländischen Fans und tragen mir nichts dir nichts orange?

These: Die Holländer sind uns mental nahe. Doch sind sie offener, unbeschwerter, freier wie wir. Also ein gutes Vorbild. Dorthin möchten wir doch auch.

Doch verdammt: Gesünder und vitaler sind die auch nicht; wirklich nicht.

Fazit: Zwei Stunden baden im orangen Fest in angenehmer Hitze – bewegend. Nein, keine Lust auf Bier. Dann wieder mit dem Zug nachhause – mit Ruhepunkten, ohne Hitzekollaps, ohne Kampf um die Plätze vor einer Leinwand; rechtzeitig zum Match; auf der eigenen Leinwand. Unsere Jungs haben günstig eingekauft. Den Beamer nehmen wir vom Geschäft. Und schon geht die Party ab. Heute vielleicht sogar draussen im Garten. Hup Schwyz!

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