Vom Wissen ist gar viel; vom Verstehen dagegen wenig
Und hier – ach, ich tumber Tor! – Teil 3 des Artikels vom 7.2.08: Was mit dem VERSTEHEN passiert ist.
Etwas ganz anderes hingegen, als Wissen zu sammeln, vermag das Internet kaum: VERSTEHEN.
Verstehen wird immer mehr zur seltenen Perle.
Wissen ist das additive Aneinanderreihen von Fakten, im besten Fall linear kombiniert, hierarchisiert, geordnet.
Verstehen hingegen ist das drei- und mehrdimensionale Durchdringen von Fakten, dessen wiederum mehrdimensionales Einordnen in ein jeweils Ganzes, sowie das Erkennen von dessen Verbindung zum Wesen des jeweiligen Faktums.
Volkstümlich ausgedrückt:
VERSTEHEN heisst zu erkennen, worum es eigentlich geht.
Im Gegensatz zum Wissen verliert sich das Verstehen zusehends. Die beiden Entwicklungen verlaufen exakt in die entgegengesetzte Richtung.
Aus der Wissenschaft zum Beispiel hat sich das Verstehen schon seit geraumer Zeit verabschiedet. Keine Zeit für solche Kinkerlitzchen.
Ein gewichtiger Grund – ohne Zweifel der wichtigste! – für das Verschwinden der Fähigkeit zu verstehen ist nämlich der: ZEIT!
Um zu verstehen muss man zwingend reichlich Phasen des Ruhens, des Nichtstuns, des Sich-Treiben-Lassens im Alltag haben.
Auch bei allen Künstlern, Genies usw die in eine sogen. Schaffenskrise kommen, war und ist es stets dasselbe: Sie haben Erfolg und lassen ihre Zeit davon auffressen. Sie werden desengagiert (Motivation braucht frische Kraft!), müde, belanglos und, um den Stress zu kompensieren und überhaupt zu ertragen: drogenabhängig. Man nennt das dann ‚erfolgsverwöhnt‘.
Konsequenz ist: Das Genie bleibt aus, die Kraft verliert sich, das Werk wird oberflächlich – zweidimensional eben.
LED Zeppelin ist eines von tausend Beispielen. Zwei geniale Alben, dann fast nur noch Schrott. Jean Tinguely ebenfalls, wenn auch weniger krass.
Anders hingegen (im Endeffekt) die Beatles, die sich konsequent zurückzogen. Ebenfalls Picasso.
Wer eine Chance haben will, selber zu verstehen – ja, sogar Verstehen zu verstehen! – benötigt viel Zeit des blossen Ruhens, in der sich die Dimensionen entwickeln können, Kontakt und Verbindungen entstehen: Alles Bedingungen für Verstehen.