„Burnout gibt es nicht“ – eine Replik

von 2b am 18. Februar 2008

Frau Birgit Schmid, Redaktorin der Zeitschrift Annabelle, hat für das Magazin des Tagesanzeigers vom 16.2.08 die Titelgeschichte verfasst: „Burnout gibt es nicht.“
Während der Endphase in der Produktion des neuen Buches, das ja auch mit Burnout zu tun hat, bin ich natürlich heiss auf das Thema. Im Folgenden daher eine Replik.

Sehr geehrte Frau Schmid
Danke für Ihre Titelgeschichte im TAM vom 16.2.08.
In meinem neuen Buch (erscheint im Frühjahr) erwähne ich u.a. auch Burnout. Und behaupte, dass es existiert. Mea culpa! Zum Beispiel: «Burnout. Ich benutze den Begriff ungern. Solche Namen lassen sofort einen neuen Mythos entstehen, als sei das eine geheimnisvolle Krankheit, für die wir nichts könnten. Und deren Behandlung alles leisten müsste, nur nicht das Aufgeben der selbstzerstörerischen Lebensweise.»
Oder: «Burnout wurde umgehend als Krankheit definiert, wie chronische Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen; das heisst, dass wir uns erst, wenn die krassen Symptome auftreten, den Namen verdient haben; das heisst aber natürlich auch, dass die Kasse bezahlt…»
Jedoch auch: «Burnout ist heute in industrialisierten Gesellschaften ein Massenphänomen.»

Dabei töne ich bloss an, dass das, was uns bis zur Erschöpfung antreibt, eine Ursache hat, der notabene leider auch die von Ihnen mehrfach erwähnten Psychiater in der Regel nicht beikommen. – Ich stehe für Klarheit und Geradlinigkeit. Man soll nicht alles mit allem vermischen. Zuerst also mal das eine klären, dann das andere. Die Ursache für das was uns treibt, behandle ich folgerichtig in einem späteren Buch. Bereits im nächsten Buch aber wird in etwa Folgendes stehen: «Was soll ich vom Tschäderebum halten, das ums Burnout gemacht wird? Nichts natürlich! Nicht, dass B. keine ernste Sache wäre. B. ist knallhart. Aber B. wurde ein Trittbrett angehängt von hier bis Milwaukee. Alle stehen drauf und wollen auch etwas davon haben.»

Ich mag es, wenn – wie Sie das tun – die Dinge entmystifiziert und heruntergebrochen werden auf das was tatsächlich passiert bzw. unsere Art das dann zu handhaben. Aber wir sollten das Kind auch nicht mit dem Bad ausschütten: «Burnout – ausgebrannt. Obwohl der Begriff treffend ist…» Also: Burnout ist ein schlichter organischer Vorgang bei einer bestimmten Art der Energieverwendung. Als Vonhausauspsychologe kann ich sagen: B. ist ganz bestimmt nichts für Psychologen und Psychiater (wenn man von der erwähnten, unter normalen Therapieumständen kaum lösbaren tiefen Ursache für Getriebensein absieht). Ein Feuer brennt, und wenn man nicht nachlegt, geht es aus. Ausgebrannt. Punkt. – Wo auch immer Sie ihre Definitionen her haben: Das vermittelt den Eindruck, dass Ihre Quellen – und seien sie noch so honorig – sich jede Mühe geben, diesen so simplen Vorgang keinesfalls zu verstehen. Wenn wir alles so toll komplex machen wird es auch wunderbar beliebig, nicht wahr?
Ein Burnout haben wir, wenn es nicht mehr gelingt, mit der noch warmen Asche erneut ein Feuer zu entfachen – trotz genügend Holz. Meines Erachtens bedeutet das etwas Einfaches: Der Organismus gibt die betreffende Person nach einer endlosen Zeit des künstlich inszenierten Dauerüberlebenskampfes (ich nenne das „chronischen Notfall“) auf und lässt sie verr… na, Sie wissen schon. Biologisch betrachtet ein vernünftiger, oekonomischer Vorgang. Was, ausgebrannt, nicht mehr taugt wird aufgegeben.
Doch wir Menschen haben so viele Mittel und Mittelchen gefunden, die uns selbst in hoffnungslosen Fällen manchmal erfolgreich intervenieren lassen. Freuen wir uns also daran. Aber, wenn wir nichts daraus lernen – das Übliche – ist das bloss die bekannte Sisiphos-Übung. Das faktische Lebensniveau sinkt kontinuierlich weiter. Und wir sind erstaunt. Doch niemand soll uns die tolle Freiheit nehmen, in dieser mittlerweile bewährten allumfassenden Beliebigkeit alles für normal zu erklären und nichts zu tun, als es einfach geschehen zu lassen. Nur ja nichts ändern!

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